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3.2 Leistungsmotivation
Der Psychologe White kreierte zur oben beschriebenen Situation den Begriff der Wirksamkeitsmotivation (effectance motivation). Dies beschreibt eine Aktivität, die nur ihrer selbst wegen durchgeführt wird und kein Ziel verfolgt. Man handelt nur, weil man Spaß am Vollzug der Tätigkeit hat.[11] Man kann dabei von einer autotelischen Tätigkeit sprechen (aus dem griechischen auto= selbst und telos= Ziel, Absicht).[12]
White geht dabei von evolutionsbiologischen Grundlagen aus: Lebewesen, die durch ihre genetische Ausstattung Lustgewinn bei der Steigerung der eigenen Kompetenz erfahren, führen diese Tätigkeit öfters aus. Dies führt nun dazu, dass sie in bestimmten Bereichen sehr kompetent werden, ohne dass ihnen bewusst ist, wozu sie diese Fähigkeit nutzen könnten.
Kommen sie dann in Zukunft in eine Situation, die sie zum Zeitpunkt des Kompetenzerwerbs noch nicht vorhersehen konnten, ist es möglich dass sie die erlernte Fähigkeit benötigen und nun davon profitieren können. Erst zu diesem Zeitpunkt wird ihnen der Nutzen der Tätigkeit bewusst. Beim Erwerb der Kompetenz lag der alleinige Reiz jedoch nur im Vollzug der Tätigkeit und war auf kein Ziel ausgerichtet.
Diese Wirksamkeitsmotivation (also eine Tätigkeit nur ihrer selbst wegen auszuführen) ist die Grundlage für die Leistungsmotivation. Bei der Leistungsmotivation ist man bestrebt, eine Sache besonders gut oder besser als andere zu machen.
Der Anreiz der Tätigkeit liegt dann in der Selbstbewertung der eigenen Tüchtigkeit.[13]
Atkinson hat dazu das Modell der Risikowahl entwickelt, welches hier dargestellt werden soll[14]:
Aus diesem Modell geht hervor, dass die Leistungsmotivation vom Zusammenspiel der Erfolgswahrscheinlichkeit und dem Anreiz des Erfolges (also der Selbstbewertung) bestimmt wird. Als Anreiz können hier Stolz und Zufriedenheit mit der eigenen Leistung genannt werden.
Erfolgswahrscheinlichkeit und Anreiz sind gegenläufige Kurven. Je geringer die Chance ist, eine Aufgabe zu bewältigen, desto größer ist der Stolz, wenn man das Ziel doch erreicht hat. Ist die Erfolgswahrscheinlichkeit extrem hoch, oder extrem niedrig, kommt es zu einer sehr geringen Leistungsmotivation: Bei einer extrem schweren Aufgabe stehen die Chancen zu schlecht, diese zu bewältigen und dadurch eine positive Selbstbewertung zu erfahren. Ist jedoch eine Aufgabe zu einfach, ist der Anreiz der Selbstbewertung zu gering, da man bei der Bewältigung keinen Stolz empfinden könnte.
Die maximale Leistungsmotivation wird bei einem mittleren Schwierigkeitsgrad erreicht, weil die Wahrscheinlichkeit von Erfolg und Misserfolg etwa gleich groß ist und man selber am ehesten Einfluss auf das Ergebnis nehmen kann. Der Zusammenhang zwischen Bemühen und Resultat ist hier am offensichtlichsten. Fortschritte lassen sich somit bei diesem Schwierigkeitsgrad am besten ablesen.
Die Menschen werden also immer von Aufgaben angezogen, bei denen sie den größten Lernzuwachs erreichen. Dies ist auch evolutionsbiologisch plausibel zu begründen. Das dargelegte Phänomen führt dazu, dass man seine Zeit nicht mit Aufgaben vergeudet, die man bereits sicher beherrscht, oder sich an Dingen festbeißt, die nicht zu überwinden sind.
Mit diesem Kapitel sollten die zwei Seiten der Leistung dargestellt werden: Leistung als Auslöser von Stress, aber auch Leistung als Freude am Kompetenzerwerb. Es kommt dabei immer auf das Zusammenspiel von Anforderung und Fähigkeit an.
Leistung muss nicht zwangsläufig Stress erzeugen. Im Gegenteil: Leistung kann unter bestimmten Voraussetzungen Stress sogar entgegenwirken.
Darauf wird unter dem Stichwort „Flow“ im Kapitel zur Stressbewältigung noch einmal näher eingegangen.
[11] Vgl. Csikszentmihalyi, 2000.
[12] Vgl. Ebd.
[13] Vgl. Csikszentmihalyi, 2000, S. 181.
[14] Vgl. Atkinson, 1975, nach Rheinberg, 2002, S. 182.
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