Stress

Stress - Grundlagen, Auslöser und Bewältigungsmöglichkeiten

3.1 Kompetenzsteigerung

Häufig lässt sich beobachten, dass Menschen Dinge tun, die kein spezielles Ziel zur Folge haben. So sieht man zum Beispiel einen kleinen Jungen auf einer Mauer balancieren. Warum tut er das? Wenn er ganz normal auf der Straße gehen würde, wäre es doch viel bequemer. Genauso gibt es da den Studenten, der in seiner Freizeit Computerprobleme löst, obwohl er angibt, sich entspannen zu wollen. Warum nutzt ein vielbeschäftigter Manager seinen knappen Urlaub, um seine Skitechnik zu verbessern?[3] Oder betrachten wir den Kletterer: Klettern im Fels ist eine Tätigkeit, welche die Meisten umgehen würden, da dies lebensbedrohlich sein kann. Dennoch gibt es Menschen, die dies freiwillig und mit großer Begeisterung tun.[4]
Allen Beispielen ist eins gemeinsam: Menschen wenden „viel Energie für eine Tätigkeit auf, die nach konventionellen Maßstäben nur minimale Belohnung mit sich bringt.“[5]

Es gibt sicherlich viele verschiedene Gründe, die zu diesem Verhalten führen. Der Wichtigste dürfte jedoch sein, dass der Reiz dieser Tätigkeiten oft einfach darin liegt, die eigene Kompetenz zu erweitern.[6] Man ist motiviert, weil man eine Befriedigung aus der Tätigkeit herauszieht und diese Befriedigung ist selbst der Lohn.[7] Man will etwas können, was man bis dahin noch nicht sicher beherrscht. Man könnte dabei von einer Herausforderung sprechen, die fasziniert, ohne dass sie einen speziellen Nutzen hat.
Beherrscht man jedoch eine Tätigkeit bereits ganz sicher, ist der Reiz darin verloren und es wird zur langweiligen Routine.
Oft lassen sich die Tätigkeiten aber noch in ihrem Anspruch steigern, oder in der Qualität der Ausführung verbessern, so dass der Spaß an dieser Kompetenzsteigerung länger erhalten bleibt.
So könnte sich der Junge aus dem Beispiel höhere oder schmalere Mauern aussuchen. Der Manager fährt steilere Skipisten. Eine Steigerung der Qualität ließe sich erreichen, wenn man mit geschlossenen Augen balanciert, oder eine Piste mit immer höherem Tempo hinunter fährt.
Selbst wenn man eine gewisse Perfektion erreicht hat, kann das Interesse an dieser Tätigkeit aufrecht erhalten bleiben, wobei der Reiz dann nicht mehr in der Kompetenzsteigerung, sondern in Nebeneffekten der Tätigkeit liegt. Bei einem perfekten Skifahrer könnten dann die Begründungen, dass man die Sonne mag und den Kontakt zu anderen Menschen schätzt, zur Aufrechterhaltung dieser Tätigkeit führen. Auf diese Weise entsteht eine dauerhafte Vorliebe für eine Tätigkeit, so dass man dabei von einem Interessengebiet sprechen kann. Dies ist allerdings nicht mehr mit dem Reiz und der Spannung der anfänglichen Kompetenzsteigerung zu vergleichen.[8]
Die Auffassung, dass eine Aktivität Neuheit enthalten muss um als angenehm empfunden zu werden, wurde von Hebb und Berlyne eingeführt.[9] Die erfrischende Wirkung der neuen Situation auf das Nervensystem wird damit begründet, dass das Nervensystem sonst mit der Verarbeitung von repititiven Informationen belastet wird und eine Neuerung als angenehme Abwechslung empfindet.[10]

[3] Vgl. Rheinberg , 2002

[4] Vgl. Csikszentmihalyi, 2000.

[5] Ebd. S. 34.

[6] Vgl. Rheinberg, 2002.

[7] Vgl. Csikszentmihalyi, 2000.

[8] Vgl. Rheinberg, 2002.

[9] Vgl. Hebb, 1955 & Berlyne, 1960, nach Rheinberg, 2002.

[10] Vgl. Csikszentmihalyi, 2000.
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