|
4.3.1 Fight-Or-Flight
Gerade die physiologischen Folgen von Stress beschäftigten viele Wissenschaftler.
In den 20er Jahren fand Walter Cannon heraus, dass sowohl Tiere als auch Menschen mit den eben beschriebenen körperlichen Symptomen auf Stress bzw. Gefahr reagieren.
Er fand heraus, dass der Sinn in einer solchen physiologischen Reaktion darin liegt, den Körper zum Kampf oder zur Flucht zu befähigen, wenn er Gefahr ausgesetzt ist. Man spricht deshalb auch von der fight-or-flight (Kampf oder Flucht) Reaktion.[31]
Der Körper wird in Stresssituationen „[...] innerhalb kürzester Zeit optimal darauf vorbereitet, einer drohenden Gefahr durch große motorische Aktion[...] zu begegnen. Die körperliche Funktionen, die für die Ausführung einer derartigen körperlichen Bewältigungsreaktion notwendig sind, werden angeregt, während die eher regenerativen Körperfunktionen (Verdauung, Fortpflanzung) [...] gedrosselt werden.“[32]
Durch die, von Adrenalin und Noradrenalin beeinflusste, erhöhte Bildung von roten Blutkörpechen durch die Milz, wird eine erhöhte Blutgerinnung, für den Fall einer Verletzung bewirkt.
Im Knochenmark werden mehr weiße Blutkörperchen produziert, damit diese auf eine durch Verletzung ausgelöste Infektion, gleich schnell reagieren können.[33]
Shelley Taylor geht allerdings davon aus, dass das eben dargestellte fight-or–flight- Syndrom etwas typisch männliches ist, was durch das Sexualhormon Testosteron ausgelöst wird. Sie ist der Ansicht, dass sich Frauen in Stresssituationen eher um die Mitglieder ihrer sozialen Gruppe sorgen, um das Wohl ihrer Nachkommen durch einen Anschluss an die Gruppe zu sichern. Eine Gruppe bietet immer einen größeren Schutz, als die Isolation.[34] Sie nennt diese Form der Reaktion „tend-and-befriend“ und führt sie auf das „Bindungshormon“ Oxytocin zurück.[35]
Leider sind aber in der heutigen Zeit weder fight-or-flight-, noch Fürsorgereaktion besonders nützlich im Umgang mit Stressoren.
In einer Klausur ist es z.B. schwer jemanden zu finden, den man dort bekämpfen oder dem man sich zuwenden könnte (außer wenn man versucht die Aufgaben in Kooperation mit dem Sitznachbarn zu lösen). Auch die Flucht Reaktion ist hier nur sehr bedingt sinnvoll.[36]
Durch eine körperliche Aktion lässt sich die innerlich aufgebaute Spannung entladen. So wurde auch in den Umfragebögen häufig Bewegung als Weg angegeben, mit Stress umzugehen.
Erfolgt nun diese Entladung nicht, wie es in den meisten heutigen Stressituationen der Fall ist, müssen neue Wege gefunden werden, um den innerlichen Stresszustand wieder zu normalisieren.[37]
Auf diesen Aspekt wird aber im Kapitel zur Stressbewältigung genauer eingegangen werden.
[31] Vgl. Zimbardo & Gerring, 2004.
[32] Kaluza, 1996, S. 18 f.
[33] Vgl. Zimbardo & Gerring, 2004.
[34] Vgl. Taylor, 2000, nach Zimbardo & Gerring, 2004.
[35] Vgl. http:// www.christoph-gaebler.de/ scheub.htm. 13.01.05.
[36] Vgl. Zimbardo & Gerring, 2004.
[37] Vgl. Selye & Kerner, 1973.
|