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6.1.3 Anwendungs- und Posttrainingsphase
In dieser Phase geht es dann darum, die erlernten Bewältigungskompetenzen in der Realität anzuwenden.
„Das Ziel der dritten Phase des SIT besteht im Transfer der Bewältigungsstrategien auf möglichst viele Alltagssituationen, um eine generalisierte Verhaltensmodifikation zu erzielen.“[26]
Es ist dabei wichtig darauf zu achten, dass die Klienten nicht „ins kalte Wasser geworfen“ werden. Es muss eine schrittweise Konfrontation mit Stressoren eingeübt werden.
Das Anwendungstraining
Eine konkrete Handlung als Reaktion auf einen Stressor wird im Training vorbereitet und durchdacht. Diese kann dann geplant in einer realen Situation umgesetzt werden.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Teilnehmer langsam an eine Konfrontation mit dem Stressor heranzuführen.
Es kann zum Beispiel mit Filmen begonnen werden, die Stress erzeugen. Der Stress ist dann weniger intensiv, als in der realen Situation, da die Person hier nicht selber betroffen ist.[27]
Auch die Konfrontation mit ganz situationsfremden Stressoren, ermöglicht die schrittweise Annäherung an die Umsetzung der Handlung in der konkreten Situation.
So kann den Klienten z.B. erzählt werden, dass sie innerhalb der nächsten 2 – 3 Minuten einen leichten Stromschlag erhalten werden. Dies ist eine Situation, die eindeutig stresserzeugend wirkt. Hier sollen nun die Teilnehmer versuchen, die erlernten Stressbewältigungsmethoden zum Einsatz zu bringen.[28]
Es gibt aber auch die Möglichkeit, sich einer Situation mit Hilfe von Rollenspielen und Vorstellungsübungen anzunähern. Dabei wird eine stresserzeugende Situation aus dem Leben des Klienten ausgewählt, wobei sich auch hier der Stressgehalt der Situation langsam steigern sollte. Man beginnt mit einer weniger intensiven Stressreaktion, wie z.B. einem Streit mit dem Partner. Ein Beispiel für eine Situation mit hoher Stressintensität könnte ein Gespräch mit dem Chef sein, wobei man einen eigenen Fehler rechtfertigen muss.
Mit Hilfe von Vorstellungsübungen soll sich der Klient möglichst genau an die stressauslösende Situation erinnern und sich wieder in seine Gefühle intensiv einfühlen. Wenn eine Stressreaktion entsteht, hilft der Trainer mit diesen Symptomen umzugehen. Er gibt z.B. Anregungen zur Selbstverbalisation oder zu Entspannungsübungen.[29]
„Die Grundidee der Vorstellungsübungen stammt aus Wolpes Verfahren der systematischen Desensibilisierung. [...] Im Gegensatz zu Wolpes Technik, eine Szene abzubrechen, wenn der Klient zu starken Stress erlebt, wird er im SIT aufgefordert, sich bei einsetzendem Stresserleben Bewältigungsstrategien vorzustellen.“[30]
Das Prinzip des Rollenspiels ist ganz ähnlich. Stresssituationen werden hier nachgespielt. Das Ziel ist auch hier wieder, Stresssituationen zu erkennen und geeignete Interventionsmaßnahmen einzuleiten.
Schließlich können die Teilnehmer durch kleine Hausaufgaben, die erlernten Bewältigungsstrategien möglichst langsam in reale Situationen übertragen. Auch bei diesen Hausaufgaben gilt es, die Aufgaben in ihrem Schwierigkeitsgrad so abzustufen, dass zusätzliche Frustrationen und Ängste vermieden werden.
Zu Beginn jeder Sitzung werden die Hausaufgaben in der Gruppe besprochen. Wenn Teilnehmer über Misserfolge berichten, versucht der Trainer nach Gründen zu suchen, indem er sich in den Klienten einfühlt.[31]
So arbeitet man sich dann Stück für Stück zu der speziellen Situation hin, in der eine geplante Handlung tatsächlich durchgeführt werden soll um das aktuelle Problem der Person zu lösen.
Durch diese schrittweise Erprobung der Bewältigungsmöglichkeiten, sollen sich die Klienten noch mal bewusst werden, dass es verschiedene Reaktionsmöglichkeiten auf Stressoren gibt. „Manchmal ist es sinnvoll, Hausaufgaben als ‚persönliche Experimente’ zu bewerten, durch die die Klienten herausfinden können, mit welchem Verhalten sie Erfolg haben bzw. scheitern.“[32]
Das Posttraining
Das Posttraining findet dann in größeren Abständen statt. Wenn man sich zuvor einmal in der Woche getroffen hat, wird dies nun z.B. 14-tägig durchgeführt.
Das Training endet somit nicht abrupt. Dies ist nicht unwichtig, weil durch neue Reaktionen auf Stressoren auch die Situation verändert wird und so eventuell neue Stressoren auftauchen können. Das Zusammentreffen in der Gruppe bedeutet hier eine wichtige soziale Unterstützung für den Klienten.[33]
[26] Meichenbaum, 1991, S. 79.
[27] Vgl. Meichenbaum, 1979.
[28] Vgl. Ebd., S. 154.
[29] Vgl. Meichenbaum, 1979.
[30] Meichenbaum, 1991, S, 79.
[31] Vgl. Meichenbaum, 1991.
[32] Meichenbaum, 1991, S. 83.
[33] Vgl. Meichenbaum, 1991.
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