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1. Leistungsmotivation heute
Seit Mitte der 80er Jahre lässt sich in den Industrieländern ein eindeutiger Rückgang der Leistungsmotivation der Schüler verzeichnen.
Die Lernhandlung ist dabei immer weniger an äußere Bedingungen geknüpft, sondern das Interesse am Lerngegenstand selbst rückt in den Vordergrund.[1]
Das Interesse ist somit auch wichtiger geworden als ein materielles Ziel, welches sich mit der Durchführung einer Handlung erreichen ließe. Dem Interesse kommt also eine entscheidende Funktion zu.[2]
Diese Entwicklung lässt sich mit den gesellschaftlichen Umständen begründen, in denen wir leben. In Industriegesellschaften besteht ein relativ sicheres soziales Netz und ein recht hoher Lebensstandard, so dass eine Aufgabe nicht mehr ausgeführt werden muss, nur um das Überleben zu sichern. Eine Auswahl der Handlungsbereiche wird damit ermöglicht und somit kommt es zu einer abfallenden Leistungsmotivation in Bereichen, die nicht den Interessen des Einzelnen entsprechen.
Das Problem dieser abfallenden Leistungsmotivation bezieht sich also nicht nur auf Deutschland, sondern auf alle Industrieländer.
Es ist zu bemerken, dass dieser starke Abfall der Leistungsmotivation erst in der Sekundarstufe I einsetzt. In der Sekundarstufe II sowie in der Primarstufe ist die Leistungsmotivation deutlich höher.
Ein Absinken der Leistungsmotivation wirkt sich negativ auf das Wohlbefinden aus und verursacht Schulverdrossenheit.[3]
Diese Entwicklung wird durch verschiedene Ursachen erklärt:
Es wird davon ausgegangen, dass dies ein entwicklungstypisches Verhalten darstellt.
Dem zu Grunde liegt die Annahme über die Selbstkonzeptentwicklung. Im Alter, in dem Kinder die Sekundarstufe I besuchen, werden Kinder, laut Piaget, zum formal-operationalen Denken fähig. Sie können abstrakt denken und werden somit auch fähig, sich selbst mit anderen zu vergleichen und zu bewerten.
Das Ergebnis dieses Vergleichs kann gerade bei schwächeren Schülern demotivierend wirken. Es entsteht jedoch auch generell ein stärkeres Konkurrenzdenken, was das allgemeine Klima der Schule beeinträchtigen kann.
Ein zweiter Punkt liegt im natürlichen Interessenabfall, der im Jugendalter erkennbar wird.
Dies liegt daran, dass sich Interessen auf bestimmten Gebieten in diesem Lebensabschnitt deutlicher herauskristallisieren. Zuvor war das Interesse weiter gestreut. Im Laufe des Lebens wird durch bestimmte Umwelteinflüsse die Affinität zu einem bestimmten Themenbereich beeinflusst.[4]
Eine andere Erklärung für die absinkende Leistungsmotivation wird im Stage-Environment-Fit-Ansatz dargestellt.
Dabei geht es um die mangelnde Passung zwischen schulischem Kontext und Werten der Schüler.
Im Jugendalter steigt das Bedürfnis nach Selbst- und Mitbestimmung. In der Schule werden die Schüler jedoch mit starker Lehrersteuerung konfrontiert. Dies führt zur Frustration und zum Leistungsabfall.
In der Pubertät entstehen auch viele persönliche Probleme, die für die Schüler sehr wichtig sind, jedoch von den Lehrern kaum beachtet werden. Sie fühlen sich nicht mehr dafür zuständig. Solche Probleme finden also in der Gestaltung des Schulalltags zu wenig Platz.[5]
Es fehlt hier ein kooperatives Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern. Dies ist ein entscheidendes Merkmal von Schulen in Ländern, die bei PISA an der Spitze lagen. Der Unterstützungsaspekt spielt in Deutschland eine recht geringe Rolle. Er ist jedoch entscheidend für ein positives Schulklima, was die Leistungsmotivation stärkt.[6]
Das Phänomen, dass die Motivation in der Oberstufe und in den Berufsschulen wieder ansteigt, liegt in der Struktur der Schule. In der Oberstufe gibt es mehr Wahlfreiheit und durch Leistungskurse, können Schüler stärker ihren Interessen und Neigungen nachgehen. Hier geht die Schule also stärker auf die Bedürfnisse der Schüler ein. In der Berufsschule entspricht der Unterrichtsinhalt auch eher den Interessen der Jugendlichen und hat eine Relevanz für ihren späteren Beruf. Die vermittelten Inhalte rücken also mehr in Richtung des „unmittelbaren Handlungsraums“, was eher einen Neugierimpuls entstehen lässt.[7]
Es gibt also verschiedene Gründe, die zum Absinken der Leistungsmotivation in der Schule führen können. Die Frage ist nun, was man tun kann, um gerade in der Sekundarstufe I , die Leistungsmotivation zu fördern.
In dieser Arbeit soll sich nun mit dem Themengebiet der Leistungskontrollen befasst werden. Es soll betrachtet werden, ob sie sowohl das Leistungsvermögen, als auch die Leistungsbereitschaft steigern können.
Im folgenden Kapitel wird zunächst noch einmal auf die grundlegenden Unterscheidung der intrinsischen und extrinsischen Motivation eingegangen um eine Einordnung von Leistungskontrollen zu ermöglichen.
[1] Vgl. Ingelharts, 1998, nach Schiefele, 2000.
[2] Vgl. Wild, 2000.
[3] Vgl. Ebd.
[4] Vgl. Schiefele, 2000.
[5] Vgl. Ebd.
[6] Vgl. http://www.jobber.de/studenten/iptc-zin-20030318-14-dpa_3622156.nitf.htm, (02.12.04).
[7] Vgl. Schiefele, 2000.
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