Maria Montessori

Montessori Pädagogik


von Pia Kähler

2. Die Grundideen der Montessori Pädagogik

Montessoris Pädagogik versteht sich als eine Hilfe zum Leben für Kinder. Zur Selbstverwirklichung benötigt das Kind erzieherische Leitung, die jedoch den freien Willen des Kindes nicht unterdrücken darf. Der wohl bekannteste Satz von Montessori fasst diesen Grundgedanken prägnant zusammen: „Hilf mir, es selbst zu tun!“
Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass ein Kind zum Guten strebt und durchaus gewillt ist etwas zu lernen. Man muss den Kindern nur die richtigen Arbeitsmaterialien geben, um die Fähigkeiten zu fördern und darf sie bei ihrer Arbeit weder stören noch bevormunden. Diese Arbeitsmaterialien sind meist autodidaktisches Material, welches von Maria Montessori selbst entwickelt wurde. Da Maria Montessori eine gläubige Katholikin war, schwingt auch ein religiöser Einfluss in allen Teilen ihrer Pädagogik mit.
Die Kinder haben sehr viel Freiheit, indem sie sich ihre Arbeitsaufgaben und ihr Tempo selber einteilen können . Sie dürfen das Gelernte in sich wirken lassen und im eigenen Tempo daran weiter arbeiten. Die Kinder sind nicht, wie in der Regelschule gefordert wird, zu 5 Stunden geistiger Hochleistung fähig. Ein „Arbeitstag bei Montessori sieht vielmehr so aus [2]:



Durch diese Eigeninitiative können die inneren Bedürfnisse des Kindes ausgelebt werden und der Lernprozess ist fruchtbarer als bei einem gelenkten Unterricht. Nichtsdestotrotz gibt es Grenzen und Autorität, wobei diese nicht allgegenwärtig sind. Die Aufgaben haben (gerade bei jüngeren Kindern) einen sehr handlungsorientierten Charakter. Es ist Montessori wichtig, dass die Kinder viel mit der Natur und realen Umwelt in Kontakt kommen.
Die Kinder sollen zur inneren Ruhe und Ordnung geführt werden und dabei auch den sozialen Umgang mit anderen Kindern erlernen.
Montessoris Konzept ist stark von Itard und Séguin beeinflusst. So basieren auch viele Materialien auf ihren Ideen. Sie gingen davon aus, dass potentielle Fähigkeiten der Kinder entwickelt werden müssen, da sie ohne Förderung verkümmern würden. Sie bezogen sich dabei speziell auf die sinnliche Wahrnehmung und auf motorische Bewegungsabläufe.
Auch die Theorie Fröbels weist einige Parallelen zu Montessori auf: z.B. dass die Kinder ihre Welt selbst entdecken sollten und die Erzieher nur eine sekundäre Anleitung zur Selbstentwicklung geben sollten. Jedoch hat Fröbel eher eine romantische Idee der geschützten Kindheit vor Augen, währenddessen es bei Montessori maßgeblich darum geht, die Kinder an die Realität heranzuführen und sie für sich die Welt erobern zu lassen. Sie hält nicht viel vom kindlichen Spiel in Phantasiewelten und sieht es als notgedrungene Ersatztätigkeit für das Lernen im wirklichen Leben.
Montessori geht von sensiblen Phasen eines Kindes aus. Diese Phasen beziehen sich auf eine bestimmte Periode im Leben des Kindes, in denen es für bestimmte Tätigkeiten besonders empfänglich ist. So gibt es zum Beispiel eine Phase, in der das Kind für den Spracherwerb sehr zugänglich ist. Wird dieser Bereich in der Periode nicht gefördert, verkümmert diese Fähigkeit und kann durch spätere Förderung nur äußerst schwer wieder aktiviert werden.
Im Folgenden sind die verschiedenen sensiblen Perioden aufgelistet, auf denen Montessori aufbaut [3]:

0-3 Jahre
Hohe Aufnahmefähigkeit für alle Umwelteinflüsse und Sinneserfahrungen

1 ½- 3 Jahre
Sprachliche Entwicklung

1 ½- 4 Jahre
Koordination und Entwicklung der Muskulatur

2- 4 Jahre
Motorische Verfeinerungen, Erkenntnis von Wahrheit und Wirklichkeit, Verständnis von Raum und Zeit

2 ½- 6 Jahre
Sensibilisierung der Sinne

3- 6 Jahre
Empfänglich für Einflüsse der Erwachsenen

3½- 4 ½ Jahre
Schreiben und Zeichnen

4- 4 ½ Jahre
Entwicklung des Tastsinns

4 ½- 5 Jahre
Lesen


Ein Kind hat einen ererbten Lebensdrang (bei Montessori Hormé), der das Kind veranlasst seine Persönlichkeit und Fähigkeiten aufzubauen. Für diesen Aufbau sind die Umwelt Bedingungen von großer Bedeutung. Ein Kind muss als Mensch akzeptiert und in das Familienleben einbezogen werden. In der Embryonalphase spricht Montessori vom absorbierenden Geist des Kindes, der alles aufnimmt, was in seiner Umgebung passiert. Dabei wird der Grundstein für die Entwicklung späterer Fähigkeiten gelegt.
Die Umgebung muss demnach stimmen um einen konstruktiven Lernprozess zu fördern.
Dies gilt jedoch nicht nur für die Embryonalphase. Die Umgebung ist zu jeder Zeit von großer Bedeutung für die Durchführung Montessoris Idee.
So muss die Architektur des Raumes anregend und fröhlich sein. Die Möbel sind leicht und auf Kinder zugeschnitten. Dadurch lässt der Raum viel Platz für Bewegung, die Kinder können alles selbst erreichen und brauchen nicht die Hilfe eines Erwachsenen um an ein Material zu gelangen. Es ist auch wichtig, dass die Regale und Schränke nie verschlossen sind, sondern die Materialien immer frei präsentieren. Fast jedes Material ist nur einmal vorhanden, so dass die Kinder auch lernen zu verzichten, wenn ihr Wunschmaterial bereits von einem anderen Kind ausgewählt wurde.
Die Räume sind hell und offen, so dass man die Natur möglichst stark ins Haus hinein holen kann.
Die Bewegungsfreiheit ist gerade bei kleineren Kindern sehr wichtig, weil sich der Geist seine Organe zuordnet. So gibt es eine sensible Periode für die Füße, in der die Kinder ihren Bedürfnissen sprichwörtlich Raum geben können, indem sie sich viel bewegen.
Die grundsätzliche Atmosphäre in den Kinderhäusern ist sehr angenehm und positiv. Sie ist geprägt durch Höflichkeit, Ruhe, Heiterkeit und Zufriedenheit. Es ist sehr ordentlich und jedem Kind wird sehr viel Respekt entgegengebracht.
Wie diese Atmosphäre zu Stande kommt, werde ich besonders beim Thema der Polarisation der Aufmerksamkeit wieder aufgreifen.

[2] Vgl. Lernen ohne Druck. Hrsg. von Ingeborg Becker-Textor. S.27

[3] Vgl. Ebd. S.147
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