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2.3 Die Gründe für die Entwicklung des Achilles zu Alexanders Vorbild
Es gibt unterschiedliche Ursachen für die starke Einflussnahme der Figur des Achilles auf Alexander den Großen. Zum Verständnis dessen muss herausgestellt werden, dass Achilles in Alexanders Leben nach der heutigen Auffassung eher die Rolle einer historischen denn einer mythischen Gestalt hatte, da in der Antike keine klare Trennlinie zwischen Mythos und Geschichte gezogen wurde.[38]
In Alexanders Leben spielte jedoch nicht nur Achilles eine große Rolle, sondern auch andere Götter und Halbgötter, wie zum Beispiel Herakles, mit dem Alexander von Seiten des Vaters verwandt zu sein glaubte.[39]
Alexander der Große wurde in seiner Kindheit von verschiedenen Personen an Homers Ilias und somit auch an die Person Achilles herangeführt.
Es war jedoch von vornherein eine Grundvorrausetzung vorhanden, die eine starke Identifikation Alexanders mit Achilles ermöglichte. Die makedonische Gesellschaft ähnelte in Vielem noch dem von Homer geschilderten Gesellschaftsideal, so dass die Möglichkeit eines solchen Vorbildes bereits in der Umgebung von Alexander angelegt war.[40]
Die ersten Jahre seines Lebens wuchs Alexander unter der Obhut seiner Mutter Olympias auf,[41] die sehr stark dem Götterkult und dem Opferwesen anhing,[42] wodurch in diese Richtung von einem starken Einfluss Olympias auf Alexander auszugehen ist.
Achilles war für Alexander jedoch nicht nur irgendeine mythische Gestalt, sondern einer seiner Ahnherren, da die molossische Königsfamilie, die Familie Olympias, sich auf Achilles zurückführte.[43] Olympias und ihre Familie legten großen Wert auf diese Abstammung,[44] weshalb Alexander sich wahrscheinlich häufig mit dieser Thematik auseinandersetzte.
In seiner Kindheit stand Alexander jedoch nicht nur unter dem Einfluss seiner Mutter, sondern auch unter dem seiner ersten Erzieher.[45]
Eine besondere Rolle nahm hier der Erzieher Lysimachos aus Akarnanien ein, der Alexanders Begeisterung für Achilles schürte. [46]
Dies geschah zum Teil dadurch, dass er Alexander in die homerischen Epen einführte[47], die Hauptbestandteil der schulischen Erziehung waren.[48] Des Weiteren soll er Alexander mit Achilles, Philipp mit Peleus und sich selbst mit Phoinix gleichgestellt haben. [49]
So schrieb der Philosoph und Schriftsteller Plutarch ca. 100 n. Chr. in der Biographie über Alexander den Großen[50]:
Die Stellung und den Titel des Hofmeisters hatte sich Lysimachos angeeignet, ein Mann aus Akarnanien, der im Übrigen ziemlich ungebildet war. Aber weil er sich selbst Phoinix, den Alexander aber Achill und den Philipp Peleus nannte, stand er in Gunst (…)[51]
Peleus ist in der Ilias der Vater von Achilles, weshalb Lysimachos Philipp, den Vater Alexanders mit diesem Namen betitelte.
Phoinix dagegen war Achilles Lehrer, der Achilles in den Trojanischen Krieg begleitet.[52] Die lehrende Position von Phoinix wird im Neunten Gesang der Ilias herausgestellt, in der Phoinix zu Achilles sagt:
„Darum sandt er mich mit, um dich das alles zu lehren, Redner von Worten zu sein sowie Vollbringer von Taten.“[53]
Die Aussage von Plutarch zeigt ganz deutlich, wie der Keim für die Identifikation Alexanders mit Achilles schon in seiner Kindheit gelegt und von nahe stehenden Personen gefördert wurde. Plutarch geht davon aus, dass Alexander und seine Familie auf diesen Vergleich sehr viel Wert legten, da Lysimachos ihm zufolge nur deshalb in ihrer Gunst stand. Zugleich wertete Lysimachos mit diesem Vergleich seine eigene Position auf und trat auch insofern die Nachfolge von Phoinix an, dass er wie dieser seinen Schützling in den Krieg begleitete. [54]
Alexanders Interesse an der Ilias und somit an Achilles wurde auch in seinen Jugendjahren weiter ausgebaut.
Ab 342 v. Chr. übernahm der Philosoph Aristoteles den Unterricht von Alexander, der ebenfalls zum Teil die Ilias zum Inhalt hatte.[55]
Alexander der Große beschäftigte sich also in seiner Kindheit und Jugend intensiv mit diesem Werk, das den Helden Achilles zum Hauptthema hat. Durch weitere Faktoren, wie das Verwandtschaftsverhältnis und die Betonung von Ähnlichkeiten von Alexander und Achilles wurde Achilles für Alexander immer mehr zu einem Vorbild. Hierbei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass all dies einen gewissen Druck auf Alexander ausgeübt haben könnte, in seinen Taten nicht hinter dem Held Achilles zurückzustehen.
[38] Hartmut Erbse: Historische und Pseudohistorische Notizen in den Iliasscholien. In: Wolfgang Will (Hg.): Zu Alexander dem Großen. Festschrift G. Wirth zum 60. Geburtstag am 9.12.86. Amsterdam 1988. Band 2. S. 907.
[39] Ameling: Alexander und Achilleus., S. 661.
[40] ebd.. S. 658, 659.
[41] Wiemer: Alexander. S. 77.
[42] Lauffer. Alexander. S. 25.
[43] Ameling: Alexander und Achilleus. S. 661.
[44] Ameling: Alexander und Achilles. S. 664.
[45] Lauffer: Alexander. S. 24.
[46] Ameling: Alexander und Achilleus. S. 658.
[47] Lauffer: Alexander. S. 24.
[48] Ameling: Alexander und Achilleus. S. 665.
[49]ebd. S. 664, 665.
[50] Wiemer: Alexander. S. 21.
[51] Plutarch: Alexander . S. 8.
[52] Homer: Ilias. S. 174.
[53] ebd. S. 174.
[54] Helmut Berve: Das Alexanderreich auf prosopographischer Grundlage. München, 1926. S.
[55] Lauffer: Alexander. S. 28
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