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1. Stress - Einleitung
Das Thema "Stress" ist aktueller denn je. Erst kürzlich kam das europäische Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO Europe) in einer Studie zu dem Schluss, dass der Stressbewältigung eine besondere Bedeutung zukommen sollte, da durch Stress verursachte Störungen in Europa eine immer wichtigerer Rolle spielten und dass dadurch in einigen Mitgliedsstaaten sogar die Lebenserwartung rückläufig sei. Wörtlich heißt es: "According to a recent calculation, stress-related conditions count for more than half of all disability in a northern European country. Life expectancy has in one decade decreased by 10 years in some Member States, much due to stress and conditions related to mental ill health."[1]
Die moderne Industriegesellschaft fordert ein schnelles, hektisches Leben.[2] So kommt es, dass der Stressbegriff in den letzten Jahrzehnten immer populärer geworden ist. Man spricht heute vom Stress am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Kindergarten. Auch Leistungs-, Beziehungs- und Freizeitstress sind gängige Begriffe. Des Weiteren gibt es Weihnachtsstress, Stress im Krankenhaus, im Straßenverkehr und selbst im Urlaub. Es scheint kaum einen Bereich im alltäglichen Leben zu geben, der nicht mit Stress assoziiert wird.
Der Satz „Ich bin gestresst!“ ist eine oft gegebene Antwort auf eine Frage nach dem allgemeinen Befinden. Auch körperliche oder seelische Beeinträchtigungen des Wohlbefindens werden gerne mit dem Verweis auf Stress erklärt.
Dabei wird Stress aber meistens als ein äußeres Übel verstanden, dem man mehr oder weniger hilflos ausgesetzt ist.
Ob diese Betrachtungsweise wissenschaftlich aufrecht zu erhalten ist, soll im Laufe dieser Arbeit geklärt werden.
Trotz der ständigen Klage über Stress, mischt sich nicht selten ein gewisser stolzer Unterton mit ein. Stress ist nämlich auch zu einem Zeichen von Wichtigkeit und Prestige geworden. Man trägt seinen sozialen Status zur Schau und verspricht sich dadurch Anerkennung durch Personen des sozialen Umfelds.[3] Wird der Stress zu groß, kann es bei manchen jedoch auch zu einem Burnout kommen, andere wiederum flüchten sich in den Alkohol, um zu entspannen, wqas dann eher zu einer Verschlimerung der Situation führen kann.
Die Auseinandersetzung mit einem stressrelevanten Ereignis wird immer von Emotionen begleitet. So kann bei einer bedrohlich empfundenen Situation Angst entstehen, bei einer Herausforderung Gespanntheit.[4]
Stress kann sowohl körperlich als auch geistig verursacht werden. So kann z.B. das stundenlange Sitzen am Schreibtisch zu einer nervlichen Überanstrengung führen. Die dauerhafte Ausführung einer schweren körperlichen Arbeit kann auf physischer Ebene zu einer Überanstrengung führen und ist dabei noch nicht als Stress zu bezeichnen. Jedoch wird diese körperliche Überanstrengung auch von Emotionen begleitet und somit auch als stressauslösend empfunden.[5]
Stress wird also immer von einem Spannungszustand begleitet. Es gibt jedoch nicht nur Spannungen, die unangenehm sind.
Das Ansehen eines Fußballspiels verleiht Vielen z.B. großen Schwung, obwohl eine deutliche innere Spannung wahrgenommen werden kann.
Hier liegt eine Unterteilung in Distress (schlechter, schädlicher Stress) und Eustress (guter, angenehmer Stress) nahe.
Eustress bezeichnet dabei eine Stresssituation, die als aufputschend erfahren werden kann.[6] So könnte zum Beispiel das Planen einer Party sehr viel Aufwand und Anstrengung bedeuten, jedoch wird dies nicht als belastend, sondern als freudvoll empfunden. Dieses Begriffspaar wird in der Literatur häufig verwendet, lässt sich wissenschaftlich jedoch nicht untermauern. Jede Veränderung der Lebenssituation (dies können sowohl positive Ereignisse, wie ein Lottogewinn oder negative, wie ein Todesfall sein) erzeugt Stress. Dabei ist es egal, ob dies als Eu- oder als Distress empfunden wird. In beiden Fällen wirkt sich Stress in gleicher Weise auf den Körper aus.
Stress beeinträchtigt das allgemeine Wohlbefinden.[7] Man unterscheidet hierbei das aktuelle vom habituellen Wohlbefinden.
* Das aktuelle Wohlbefinden wird über einen Zeitraum von Sekunden, über Stunden, bis hin zu Tagen definiert. Es wird geprägt von momentanen Gefühlen, Stimmungen, Körperempfindungen etc. (Glücksgefühl, Entspannung, Heiterkeit, angenehme Müdigkeit...)
* Das habituelle Wohlbefinden definiert sich über einen längeren Zeitraum, der sich auf Wochen oder Monate ausdehnen kann. Man versteht darunter etwas wie die allgemeine Lebenszufriedenheit. Es ist stark abhängig von der Stabilität der Personen- und Umweltbedingungen, die Bezug auf die Bedürfnisse des Einzelnen nehmen.
Neben der Bedürfnisbefriedigung hängt das Wohlbefinden auch von Sinnfindung ab. Wenn man weiß, wofür man etwas tut und was einem wichtig ist, wirkt es sich positiv auf das habituelle Wohlbefinden aus.
Wohlbefinden ist, wie oben schon angedeutet, keine feste Norm, sondern ist nach individuellen Ansprüchen definiert. So sind auch die Bezugsnormen nicht konstant.
Bei der Befragung eines Lottogewinners und einem querschnittsgelähmten Unfallpatienten, kam heraus, dass beide nach einem Jahr des Ereignisses etwa gleich zufrieden waren. Es fand also eine sehr schnelle Gewöhnung an die neuen Lebensumstände statt.[8]
Das aktuelle Wohlbefinden kann schnell gesteigert werden, indem z.B. negative Einflüsse auf die Gesundheit wegfallen, man ein angenehmes Erlebnis hat oder aber nur ein angenehmes Erlebnis imaginiert, indem man sich an eine schöne Situation erinnert.
Es ist in diesem Zusammenhang interessant, dass gerade ein Wechsel der positiven und negativen Ereignisse von großer Bedeutung für das aktuelle Wohlbefinden ist. Nachdem man eine schwere Zeit überstanden hat, kann man sich an guten Erlebnissen um so stärker freuen und erlebt diese intensiver. Somit hat selbst Stress in diesem Zusammenhang eine positive Komponente.
Hier ist das habituelle Wohlbefinden auch nicht ganz zu vernachlässigen, da eine optimistische Grundeinstellung positive Ereignisse leuchtender und negative weniger dunkel aussehen lässt. Bei Depressionen sinkt hingegen auch die Fähigkeit, erfreuliche Ereignisse als erfreulich wahrzunehmen.[9]
Stress findet seine Auslöser in ganz unterschiedlichen Faktoren. So kann das habituelle Wohlbefinden z.B. auch durch gesellschaftliche Bedingungen beeinflusst werden: Überbevölkerung, hohe Verbrechensrate, schlechte Wirtschaftslage, Verbreitung von Krankheiten, etc.
Diese Faktoren können einen kommulativen Charakter haben und dann durch einen negativen Einfluss auf das Wohlbefinden ihrerseits Stress auslösen.
Kleine Ereignisse, die die Person direkter betreffen, wie Verschlafen, einen Strafzettel bekommen, Lärm (Wer ständig großem Lärm ausgesetzt ist, kann Stress durch den Schutz seiner Ohren vorbauen. Informationen zum Thema 'Gehörschutz' gibt es hier) und andere Alltagsprobleme, nehmen Einfluss auf das aktuelle Wohlbefinden und können auch hier stressauslösend wirken.
Wohlbefinden und Stress sind also unmittelbar aneinander gebunden.
Die Liste der Ursachen ließe sich noch beliebig mit typischen Auslösern fortführen wie: zu wenig Zeit, Zukunftssorgen, zu wenig Freizeit, etc.
Die Ursachen sind sehr individuell gestreut und bilden ein komplexes Geflecht aus verschiedensten Faktoren.[10]
Mit diesem ersten Einstieg in die Thematik wollte ich eine Basis für meine weitere Ausarbeitung legen.
Meine Arbeit lässt sich in drei Schwerpunkte unterteilen:
Ich möchte im ersten Komplex die Grundlagen von Stress ansprechen. Dies beinhaltet die Darstellung von verschiedenen Einflussfaktoren auf die Entstehung von Stress, sowie die Betrachtung von Stressmodellen.
Im zweiten Schwerpunkt will ich dann die dargelegten theoretischen Annahmen durch das Beispiel der Leistungsangst illustrieren und darin versuchen, die Probleme der Komplexität der Untersuchung von Stress verständlich zu machen.
Im letzten Themenkomplex wende ich mich dann den Möglichkeiten zu, den Umgang mit Stresserleben zu verbessern. Dazu werden Grundzüge von Stressbewältigungstrainings vorgestellt. In diesem Bereich wird auch darauf eingegangen werden, dass genau wie negative Erlebnisse stressauslösend wirken können, angenehme Erlebnisse das Wohlbefinden positiv steigern können. Neben Entspannungstechniken wie autogenem Training oder einfach nur dem entspannten Abschalten auf einem Massagesessel sind solche positiven Erlebnisse die wirksamsten Methoden, um Stress zu bewältigen. Für weiterführende Informationen rund ums Thema Entspannug und Wellness bitte hier klicken.
Um einen geeigneten Einstieg in das Thema zu finden, habe ich mich dafür entschieden, mit einer Umfrage zu beginnen, welche im folgenden Kapitel vorgestellt werden soll.
[1] http://www.euro.who.int/document/mediacentre/fs0303e.pdf (14.01.05).
[2] Vgl. Zimbardo & Gerring, 2004.
[3] Vgl. Kaluza, 1996.
[4] Vgl. Schwarzer, 1993.
[5] Vgl. Pornschlegel & Zimmermann, 1982.
[6] Vgl. Selye & Kerner, 1973.
[7] Vgl. Zimbardo & Gerring, 2004.
[8] Vgl. Brickman, Coates & Janoff-Bulman, 1978, nach Viehauser, 2000.
[9] Vgl. Viehauser, 2000.
[10] Vgl. Zimbardo &Gerring, 2004.
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